Foto: Angela Metge

„Oh, wie ist das schön“ und „Buhrmi, Buhrmi!“

„Ausrufezeichen!“: Aufholjagd zum Auswärtssieg – 26:25 in Minden

16.12.2023

Wo sollen wir anfangen? Bei den Fans! Wir befanden uns heute mittendrin statt nur dabei und drei Stunden nach Spielende klingeln uns immer noch die Ohren. „Das war heute ein gefühlter Heimsieg", so Tobi Dankert von der Roten Wand anschließend. „Die Fans haben uns heute zum Sieg getragen", so der entscheidend beteiligte Luke Stricker. Und auch der hochkonzentrierte Daniel Kubes sagte hinterher, dass er natürlich den Spaß und die Freude mitbekommen habe, die von den lautstarken Roten auf der Tribüne auf seine Mannschaft überschwappten.

40 HSG-Anhänger waren mit dem Rote-Wand-Bus nach Lübbecke gefahren, wo GWD Minden in dieser Saison seine Heimspiele austrägt. Circa dieselbe Zahl Fans unseres Teams war noch einmal in der Halle vertreten – darunter auch die Äppler Crew, die bislang bei jeder Auswärtspartie dabei war. Ihr wart alle, wir waren alle großartig!

Zum Spiel: Unser Aufgebot war das erwartete. Dominik Kalafut war in Zivil dabei, zeigte sich zuversichtlich hinsichtlich seiner baldigen Rückkehr auf die Platte und übernahm dann – neben dem Support seiner Mannschaft – „statistische" Aufgaben am Spielfeldrand. Bis zur ersten Auszeit nach knapp sechs Minuten dürfte er seine „Striche" auf einer einzigen Seite gemacht haben, denn der Gastgeber führte bereits mit 4:0. Zudem hatte ihr Keeper Semisch schon drei Bälle abgewehrt. Große Augen und dicke Backen im vollbesetzten HSG-Rang ...

Dann sendeten die heute in Schwarz spielenden Roten, welche fortan bis zum Spielende auf Luke Stricker in der Defensive setzten, erste Lebenszeichen: Wasielewski und Lux trafen, Semisch musste nach Wechselfehler auf die Strafbank: 4:2 (7.). Es folgte die erste Zeitstrafe gegen unseren formstarken Innenblocker und heute einzigen Kreisläufer, Nebosja Simovic. Und Minden zog vor insgesamt 1.355 Zuschauern wieder an und sogar auf plus-5 davon: 8:3 – fünf technische Fehler der HSG wies die Statistik zu diesem Zeitpunkt bereits aus (12.).

Björn Buhrmester war es, der sein Team mit teilweise „unmöglichen" Paraden zumindest einigermaßen in Schlagdistanz hielt – während Simovic nach einer Viertelstunde bereits zum zweiten Mal eine 2-Minuten-Pause verordnet bekam. Zweifellos wussten auch die Mindener um diese heutige „Achillesferse" des HSG-Spiels. Immerhin gelang es ihnen nicht, noch weiter davonzuziehen. Stattdessen kam Nordhorn-Lingen sogar auf zwei Tore heran – Wasielewski erzielte den sehenswerten achten Treffer seiner Mannschaft (10:8, 20.), die von ihren Fans ungeachtet des Spielstandes mit allen Kräften unterstützt wurde.

Von einer Wende konnte gleichwohl noch keine Rede sein, denn den grün-weißen Gastgebern, die weit hinter den eigenen Erwartungen nur kurz vor den Abstiegsplätzen rangieren, gelang noch einmal ein 4:0-Lauf: 14:8 (26.). Zu diesem Zeitpunkt lag die Quote der erfolgreichen HSG-Angriffe nur bei 31 % (Saison-Durchschnitt 56 %). Die zweite Auszeit war kurz zuvor vergangen, da beendete Seidel per feinem Heber sechs torlose Minuten seines Teams. Immerhin gelangen der HSG die letzten beiden Treffer vor der Halbzeit, in welcher GWD durchaus höher als 15:11 hätte führen können bzw. müssen, wie auch ihr Trainer Eyjolfsson nach der Partie monierte.

Auffällig: Buhrmi stand bereits bei zehn Paraden, sein starkes Pendant auf der Gegenseite kam jedoch mit „nur" sieben gehaltenen Bällen auf eine noch bessere Quote (44 %). U21-Weltmeister Niclas Heitkamp, erst Anfang Dezember vom ThSV Eisenach ausgeliehen, hatte in seinem dritten Spiel für Minden in sieben Versuchen aus dem Rückraum siebenmal getroffen. Nach der Pause sollte ihm kein Tor mehr gelingen ... Und damit rein in Halbzeit zwei, an die wir uns sicherlich noch so lang wie gern erinnern werden:

Die ersten insgesamt fünf Angriffe führten zu gar keinem Treffer, bevor Lux eröffnete. Ein erstes mögliches minus-2 wurde nicht genutzt, stattdessen stellte GWD ein letztes Mal auf plus-4: 16:12 durch den anderen U21-Weltmeister im Team, Florian Kranzmann. Doch wer nun genau hinsah, konnte erleben, wie die Mannschaft der HSG, welche regelrecht im Sumpf zu versinken drohte, sich nach und nach am eigenen Schopf aus demselben wieder herauszog – angetrieben von den nimmermüden positiv „Verrückten" auf der Tribüne.

Nachdem Buhrmester seinen 13. Ball abgewehrt hatte, schloss Maxi Lux einen Tempogegenstoß erfolgreich zum ersten Anschlusstreffer ab (17:16, 39.). Minden bat umgehend zur ersten Auszeit – Jubelsturm 2.0 im HSG-Block. Nach einem Stürmerfoul hatte das Kubes-Team die Chance zum Ausgleich, doch dieser sollte noch etwas auf sich warten lassen. Feld kam nun auf die Platte, die Stricker für zwei Minuten verlassen musste. Und fast drei Viertel des Spiels waren vorbei, als Minden noch einmal zwei Treffer nacheinander gelangen: 20:17 (44.). Allerdings: Bis zu ihrem nächsten Tor sollten fast zehn (!) Minuten vergehen.

Wasie blies als Erster zur Aufholjagd: 20:18. Buhrmester hielt wie ein Weltmeister, und immer wieder schallte es durch die Halle: „Buhrmi, Buhrmi!" Nach der letzten Auszeit tankte sich unser Kapitän durch und erzielte ein „typisches" Terwolbeck-Tor: 20:19. Johannes Wasielewski – am Ende mit Lux erfolgreichster Werfer unseres Teams (je 6) – war es vorbehalten, den Ausgleich zu erzielen: 20:20. Und es kam immer besser: Als nur noch ein Pass übrig war, wurde Simovic freigespielt. Und unserem Nebo, Abwehr-Ass und letztem Kreisläufer-Verbliebenen, gelang sein heute einziger Treffer – doch was für einer: Nordhorn-Lingen führte: 20:21 (52.)!

Marschall erhöhte – wieder kurz vor dem Zeitspiel-Pfiff – auf 20:22, „Hier regiert die HSG", tönte es auf den Rängen und Eyjolfsson bat zum Time-Out. Fünf Tore in Folge hatte seine Mannschaft kassiert, doch aufzugeben war natürlich keine Option. Das 21:22 fiel direkt, und als Pöhle eine Zeitstrafe erhielt, dauerte es abermals nur wenige Sekunden bis zum Ausgleich: 22:22 (55.). Dann versenkte Maxi Lux auch seinen dritten 7-Meter, die Defensive gewann den Ball, Marschall ging im Tempogegenstoß auf die Reise: 22:24 in Unterzahl – noch vier Minuten.

Angriff Minden: Buhrmi parierte, doch der Abpraller landete wieder bei GWD. Dann: 7-Meter (nur noch 23:24) plus Zeitstrafe gegen Marschall, als die von Pöhle gerade abgelaufen war. Semisch – am Ende 15 Paraden – wehrte den nächsten Ball ab und auf der Gegenseite fiel der neuerliche Ausgleich: 24:24. Überdies musste Simovic nun mit seiner dritten Zeitstrafe vom Feld, was obendrein noch für mehr als 30 Sekunden eine doppelte HSG-Unterzahl bedeutete.

Doch was aus GWD-Sicht nun nicht passieren durfte, geschah doch: Während zwei ihrer Kameraden noch zuschauen mussten, passte Pöhle auf Terwolbeck, der frei vollendete: 24:25, noch 1½ Minuten. Auf der Gegenseite schnappte sich Seidel ein Mindener Zuspiel, lief dreißig Meter und versenkte den Konter im Tor: 24:26. Dann hielt Buhrmester abermals (Parade Nr. 18), Marschall vergab den ersten „Matchball" und das ja weiterhin in Überzahl agierende Minden kam 15 Sekunden vor dem Ende noch einmal zum Anschluss: 25:26.

Als die Schlusssirene ertönte, kam der Gastgeber zwar noch einmal in Ballbesitz. Doch schon vor dem Freiwurf fast von der Mittellinie machten wir uns auf der Tribüne bereit zum Jubeln, was dann auch wie in einer Explosion erfolgte! Der Rest war pure Begeisterung – bei unseren Jungs auf dem Parkett und bei den HSG-Fans ein paar Meter weiter oben, die sich in den Armen lagen und sangen: „Oh, wie ist das schön – sowas hat man lange nicht geseh'n!" Und weil das wohl so ist, war es umso schöner. Die Humba folgte, das erleichterte Team bedankte sich bei den Fans und wir atmeten durch.

Es war eine „Charakterfrage", die der HSG heute in der zweiten Halbzeit gestellt worden war, und die Mannschaft hatte den Test „gut bestanden" – so drückte sich Daniel Kubes anschließend in der PK aus und lag sicherlich richtig. Und wen er mit „der Junge hat uns sehr geholfen" meinte, dürfte allen klar sein. Herzlichen Glückwunsch an Björn Buhrmester und das ganze Team!

PS: Heute freuen wir uns, am Freitagabend (22.12., 20 Uhr) geht es in Aue weiter – wir melden uns wieder!