Eine Woche nach dem finalen Saisonspiel und der emotionalen Verabschiedung langjähriger und verdienter HSG-Legenden hat uns einer der unmittelbar Beteiligten noch einmal ein Interview gegeben, der mittendrin statt nur dabei war: Luca de Boer.
Hallo Luca, wie war die Mannschaftsfahrt?
„Sehr gelungen, wir hatten eine gute Zeit und keine Ausfälle zu beklagen" (lacht).
Lass uns über den Samstag letzter Woche sprechen – zunächst einmal sportlich: Wie hast du bzw. wie habt ihr die Partie gegen Minden erlebt?
„Am Anfang waren wir nervös. Allen war ja bewusst, was das Spiel bedeutete. Doch je länger es dauerte, desto mehr haben wir uns reingekämpft. Die Chancenverwertung wurde besser, der Hintergedanke, dass es für viele das letzte Spiel war, verschwand immer mehr und der Fokus kam zunehmend aufs Handballspielen."
Gut, dass bei all den Emotionen „zwischendurch" auch noch Handball gespielt wurde, oder?
„Ja, unbedingt. Das Spiel half mir und den anderen, den Schalter umzulegen. Wir haben dann unseren ‚Job' gemacht, wenn auch wohl mit noch mehr ‚Inbrunst' als sonst. Es war auch super, dass alle Spieler nochmal zum Einsatz kamen, gute Aktionen hatten und auch Tore warfen, zum Beispiel Lasse."
Und du selbst ja auch – sogar deine „Spezialität", der Heber vom Kreis, war wieder dabei ...
„Ja, erst wollte ich das gegen den Keeper, der über 2 Meter groß ist, gar nicht probieren, doch zum Glück hat es mit dem Tor gut geklappt. Und später dann nochmal im Tempogegenstoß – das kommt bei mir ja auch nicht soo häufig vor. Nachdem ich die Wochen vorher gefehlt hatte, kam ich auch in der Abwehr zum Einsatz, und es funktionierte super. Gerade die letzten Minuten konnte ich dann auf der Platte richtig genießen. Es war durchweg ein sehr, sehr schönes Erlebnis."
Du hast eben die Nervosität angesprochen – wie war es damit für dich ganz persönlich?
„Als ich zu Beginn noch nicht gespielt habe, da habe ich erstmal nur durchs Publikum geschaut. Da waren ja viele Menschen in erster Linie wegen mir da: Zum Beispiel meine Schwester Ronja mit Mann und Kind. Ich bin der Pate ihrer Tochter, und sie war mit ihren 1½ Jahren zum ersten Mal überhaupt in der Halle. Und dann natürlich meine Freundin und meine Eltern."
Bei der Verabschiedung von Björn und Alex haben ja ihre besten Freunde die beiden nochmals in bewegender Weise gewürdigt – hast du gewusst, dass bei dir dein Vater Klaus diesen Part übernimmt?
„Nein, ich wusste es nicht, und das war eine Riesen-Überraschung. Vorher hatte ich noch gedacht: Wenn mein Vater eine Rede hält, dann pack' ich das nicht. Und dann habe ich ihn unten auf der Platte gesehen. Erst hatte ich gehofft, dass er nur dorthin gekommen ist, um einen besseren Platz zum Zuschauen zu haben. Doch er nahm das Mikro in die Hand – und es war soo emotional für mich. Denn zu meinem Papa habe ich eine ganz besondere Beziehung, gerade in Bezug auf den Sport. Seit ich 14 oder 15 bin, sieht er das in mir, was ich dann auch geworden bin."
Wie hast du es denn „gepackt"?
„Schon beim Einlaufen, als dann auch noch Riesentrikots mit den Namen von Alex, Björn und mir hochgezogen wurden, hatte ich zum ersten Mal Tränen in den Augen. Die habe ich mir, als es in der Halle dunkel wurde, mit dem Trikot weggewischt. Und als mein Vater dann nach dem Spiel zu mir sprach, habe ich es irgendwie geschafft, nicht loszuheulen."
Und wie hast du die Atmosphäre in der Arena erlebt?
„Die Stimmung war super. Ehrlich gesagt, waren wir vorher ein bisschen unsicher, wie es wird, weil wir frühere Verabschiedungen immer in Nordhorn gemacht hatten. Doch es war wirklich schön in Lingen. Ich kann gerade auch für Alex und Björn sagen, dass wir es sehr, sehr genossen haben. Die HSG-Geschäftsstelle hat das richtig gut organisiert, und auch ein großes Dankeschön an die Zuschauer."
Damit nicht genug – ihr drei werdet im Euregium auch noch auf der „Wall of Fame" verewigt, wo bisher nur Pavel Mickal vertreten ist ...
„Ja, das ist tatsächlich ein Riesending. Als ich mit 13, 14 in der Halle saß, hätte ich mir so etwas niemals träumen lassen. Es ist einfach eine Riesenehre, die für mich auch jetzt noch schwer zu fassen ist."
Du wohnst in Oldenburg, spielst weiter Handball in Varel. Werden dich die HSG-Fans denn trotzdem auch hin und wieder in der Heimat sehen können?
„Auf jeden Fall. In der Oberliga sind ja nicht ganz so viele Spiele in der 2. Liga. Und wenn ich meine Eltern in Schüttorf besuche und sich das irgendwie machen lässt, komme ich zum Zuschauen vorbei."
Und jetzt geht's erstmal in den wohlverdienten Urlaub ...?
„Ja, wir fahren in Richtung Florenz und verbringen hoffentlich eine sehr schöne Zeit in der Toskana."
Lieber Luca, danke für das Gespräch. Im Namen der HSG-Fans wünschen wir dir einen schönen Urlaub und privat, handballerisch sowie beruflich von Herzen alles Gute für die Zukunft! Und: Bis bald!