Interview: Ein eingespieltes Team hinter der Kamera

Wie läuft das mit dem Livestream bei unserer HSG?

16.01.2024

Wer die Spiele der 2. Handball-Bundesliga nicht live in der Halle mitverfolgen kann oder möchte, hat auch die Möglichkeit, sie sich im Internet-Livestream anzuschauen. Dafür verantwortlich sind die Vereine selbst. Bei der HSG Nordhorn-Lingen haben wenigstens sechs Personen damit zu tun, die Partien auf die Bildschirme der Handballfans zu bringen. Das sind zum einen Achim Woltering, Tobias Grummich und Max Niegelt, die jedes Mal Aufbau und Regie im Euregium und in der EmslandArena übernehmen und wenigstens zwei Stunden vorher vor Ort sind. Mit Headset und Mikrofon dabei sind darüber hinaus immer ein oder zwei Kommentatoren, und zwar Tom Helbich, Tobi Dankert und Jörg Elberg.

Tom Helbich aus Elbergen hat selbst Handball gespielt, und zwar in Schüttorf, Lingen-Lohne sowie auch in der A-Jugend der HSG Nordhorn-Lingen. Ein Kumpel, der bei den Spielen die Werbetafeln schaltete, nahm ihn später einmal mit in die EmslandArena. So kam auch Tom wieder zur HSG, half zunächst bei der Technik mit und griff ab der Aufstiegssaison 2018/19 dann auch zum Kommentatoren-Mikrofon – und zwar im Team bzw. im Wechsel mit Tobi Dankert.

Der Lingener, seines Zeichens auch Vorsitzender des Fanclubs Rote Wand, sitzt bereits seit 2014 im HSG-Boot. Zuerst verantwortete er den Social-Media-Account des Clubs und war bei den Spielen zunehmend auch auswärts mit dabei. Ab 2018/19 wurden die Zweitligapartiendann vom damaligen Anbieter sportdeutschland.tv übertragen – und Tobi zum ersten Live-Kommentator der HSG, mit seiner Frau Valerie am Regiepult. Genauso wie Tom war er mit dem Aufstieg in die Erste Liga diese Aufgabe zunächst wieder los, denn der Sender Sky schickte seine eigenen Berichterstatter für die Übertragungen.

Zwei Jahre lang arbeiteten die beiden nun für das Datenerfassungs-Unternehmen der HBL, blieben somit auch in der Corona-Zeit hautnah am Geschehen und erhielten spannende Einblicke. Nach dem Abstieg 2021 in die Zweite Liga waren sie dann wieder als Live-Kommentatoren gefragt, in einer Rolle, die bis heute „Mega-Spaß" macht – darüber sind sich Tom und Tobi einig.

Mit im Team und im Kalenderjahr 2023 sogar am häufigsten am HSG-Mikrofon ist der Lingener Jörg Elberg. Wir sprachen mit ihm über seinen Job, von dem die Handballfans von Nordhorn bis Dresden und von Lübeck über Lingen bis Bietigheim profitieren.

Hallo Jörg, erzähl mal, wie's bei dir mit dem Live-Kommentieren losging.

„Es war im Herbst 2022, als zum Spiel gegen TuSEM Essen sowohl Tom als auch Tobi verhindert waren. Der HSG-Mann für die Spielberichte, dem ich zuvor schon ein paar Mal mit einigen Daten oder Statistiken geholfen hatte, fragte mich, ob ich mir die Aufgabe am Mikrofon nicht vorstellen könnte. Ich dachte kurz nach, sagte dann zu und zehn Minuten später hieß es dann schon: Du hast den Job! Mein erster Co-Kommentator wurde ToonLeenders, der das übrigens vorher auch noch nie gemacht hatte. Doch kein Problem, wir beide haben das, glaube ich, zusammen ganz gut hingekriegt – und gewonnen hat die HSG das Spiel auch noch."

Du bist da ja nicht gleich von 0 auf 100 gekommen, sondern warst als langjähriger Fan der HSG ja bestens „vorgebildet", oder?

„Ja, richtig ‚angefixt' wurde ich schon Ende der 90er, als die HSG als Zweitligist einmal ganz knapp an TuSEM Essen im Pokal-Viertelfinale scheiterte. In dem Jahr ist die HSG dann auch aufgestiegen und hat nach und nach eine Art ‚Weltauswahl' nach Nordhorn geholt – mit Vranjes, Gentzel und Co. Von da an habe ich des Öfteren die Heimspiele besucht. Und seit die HSG auch in Lingen spielt, also seit ziemlich genau zehn Jahren, bin ich noch viel häufiger hingegangen und hatte seit dem Aufstieg 2019 auch immer eine Dauerkarte."

Zurück zum Kommentieren – wie sah bzw. sieht deine Vorbereitung für die Spiele aus?

„Ganz am Anfang war ich noch recht unbedarft und ging ja auch noch davon aus, dass ich am Mikrofon eine Ausnahme bleiben würde. Doch nach dem ersten Spiel gegen Essen war ich direkt danach gegen Saporischschja wieder dran, diesmal mit Lucas Firnhaber neben mir. Und ich war weiter gefragt, kommentierte mehrmals mit Alex Feld als Co und sogar einmal zusammen mit meinem Konstanzer Kollegen. Zunehmend bereitete ich mich jetzt sehr gewissenhaft auf die Spiele vor."

Wie sieht das aus?

„Heute nehme ich vor jeder Partie Kontakt mit dem Gegner auf, rede mit einem Vereinsvertreter und hole mir so viele Informationen wie möglich ein. Mein Highlight war bis jetzt ein halbstündiges Gespräch mit dem Trainer des TuS Vinnhorst. Davor Dominikovic ist immerhin Weltmeister und Olympiasieger. Wenn ich dann zum Beispiel zusammen mit Tobi kommentiere, ist er eher für die HSG zuständig, und ich für den Gegner. Da sind wir inzwischen gut eingespielt."

Seit der laufenden Saison ist nun „DYN" der Livestream-Anbieter im Handball. Welche Veränderungen haben sich durch diesen Wechsel für dich und deine Kollegen ergeben?

„Das Technik-Setup hat sich deutlich erweitert. Wir haben jetzt eine Führungskamera und zwei feste auf jeweils sechs Metern vor dem Tor, dazu kommt noch eine Moderatoren-Kamera. Von unserem Platz aus sehen wir alle Kameraperspektiven, das ist gerade bei Wiederholungen ganz hilfreich. Es gibt ein Extra-Notebook für die Kommentatoren, mit dem ich z. B. Präsentationen vorbereite, die wir einspielen. Eine Vorlage für die Startaufstellungen habe ich übrigens zuletzt von meinem Kollegen aus Aue bekommen. Während der Spiele halte ich dann mein eigenes Tablet in der Hand – mit allen Infos, Hintergründen und Fun-Facts, die ich vorher zusammengetragen habe."

Welche Vorgaben habt ihr noch zu erfüllen?

„Neun Minuten vor Spielbeginn gehen wir auf Sendung, und auch in der Halbzeit sind wir durchgehend live drauf. Während der Partie haben wir jetzt auch eine Tonangel für die Time-Outs und nach dem Spiel führen wir Interviews. Langweilig wird's nicht. Und wenn unsere Heimspiele am Freitagabend stattfinden, dann sind wir auch der Teil der Live-Konferenz im Internet. Das ist schon spannend."

„DYN" bildet euch auch weiter, richtig?

„Ja, schon im März 2023 haben wir an einem Workshop in der Kölner HBL-Zentrale teilgenommen. Mit in unserem Durchgang waren der Kollege aus Coburg und Katharina Schielke, die für Saporischschja kommentiert hat. Heute arbeitet sie direkt für „DYN" in der 1. und 2. Liga. Der nächste Workshop wird Anfang Februar stattfinden, dann sind Tom, Tobi und ich wieder dabei. Der Prozess der Professionalisierung geht immer weiter."

Allein, wenn unser Team irgendwann in die 1. Liga aufsteigt, dann werdet ihr bei der HSG „arbeitslos", weil der Sender dann wieder seine eigenen Leute schickt ...

„Ja, das ist wohl so. Die eher schlechte Hinrunde der HSG hat uns also wohl ein weiteres Jahr diesen Job gesichert. Doch eins ist klar: Auch wenn wir unsere Emotionen am Mikrofon herunterfahren, sind wir durch und durch Fans der HSG und drücken der Mannschaft immer ganz fest die Daumen."

Vielen Dank für das Gespräch und dir und deinen Kollegen weiter ganz viel Spaß beim Kommentieren!