HSG trifft auf wiedererstarkten TuS Ferndorf

Gäste aus Südwestfalen auf erstem Nichtabstiegsplatz

21.04.2022

Seit unserer so knappen wie bitteren Niederlage bei den Rimpar Wölfen hat sich vor dem Spiel gegen Ferndorf (FR, 19:30 Uhr, Euregium) in der Tabelle wegen der Länderspielpause (fast) nichts verändert. Bezogen auf die Personalplanungen der HSG ist mit der Verpflichtung von Julian Ranftl eine weitere Entscheidung bekanntgegeben worden. Darauf werden wir an dieser Stelle jedoch nicht eingehen, sondern uns vielmehr mit dem Rennen um den Aufstieg bzw. noch mehr mit dem Kampf gegen den Abstieg aus der 2. Handball-Bundesliga beschäftigen. Denn nicht nur bei unserem Team ist noch unklar, in welcher Liga es in der kommenden Saison aktiv ist. Dasselbe gilt auch für den TuS Ferndorf, welcher aktuell in der wegen einiger ausstehender Nachholspiele immer noch schiefen Tabelle den ersten Platz über dem ominösen Strich einnimmt. Und damit zum Gegner-Check:

Zuallererst: So fern liegt Ferndorf gar nicht, von Nordhorn sind’s ca. 250 km, also ungefähr 2½ Stunden mit dem Auto. Es handelt sich um einen Stadtteil von Kreuztal im Kreis Siegen-Wittgenstein (ein anderer Stadtteil ist übrigens ein gewisses Krombach). Und eine gute halbe Stunde westlich von Kreuztal-Ferndorf liegt Gummersbach, wo unsere HSG in ihrem nächsten Spiel am Maifeiertag antreten wird.

Der Verein von 1888 (!) stieg mit seiner Handballmannschaft 2012 erstmals in die 2. Bundesliga auf. Der Fahrstuhl fuhr nochmal rauf und runter, doch 2018 war es wieder so weit: Mit 59:1 Punkten ging’s wieder hoch in die Zweite Liga. In der anschließenden HSG-Aufstiegssaison landete Ferndorf auf Platz 8.

Während der beiden Erstliga-Jahre unserer HSG folgten für Ferndorf in Liga 2 die Plätze 9 und zuletzt Rang 14, als der Klassenerhalt recht frühzeitig gesichert werden konnte. Zur Vorbereitung der laufenden Spielzeit gastierte der TuS dann zuletzt in Nordhorn – und siegte im August mit +2 gegen das Team von Daniel Kubeš. Übrigens ist seit der vergangenen Saison ein in Nordhorn nicht ganz Unbekannter als Trainer für Ferndorf verantwortlich: der Schwede Robert Andersson. Er hatte zwischen 1998 und 2003 für die HSG gespielt, war mit dem Team in die Bundesliga aufgestiegen und u. a. deutscher Vizemeister geworden.

Andersson hatte vor der laufenden Saison mit einigen personellen Veränderungen in seinem Kader umzugehen. Sechs Abgängen von teilweise erfahrenen Kräften standen sieben Neuzugänge gegenüber, darunter der schon Erstliga-erprobte Simon Strakeljahn aus Minden oder Rutger ten Velde (NL) aus Wilhelmshaven. Letzterer steht aktuell bereits bei 125 Treffern (66 7-Meter). Damit ist der Linkaußen Topscorer des TuS, vor Rückraum-Shooter Andreas Bornemann (74). Letzterer wechselt im Sommer zum ASV Hamm-Westfalen, gegen den er im vorletzten Spiel zwar neunmal (!) traf, die -4-Niederlage aber auch nicht verhindern konnte. Und auch ten Velde (gegen Hamm nicht dabei) wird Ferndorf schon wieder verlassen, und zwar in Richtung N-Lübbecke. Darüber hinaus steht auch der Abgang des 36-jährigen Abwehrchefs Branimir Koloper zum Saisonende bereits fest.

Zum Personal des TuS ist ferner zu sagen, dass das Team während dieser Saison bereits mehrmals großes Verletzungspech hatte. Anfang Oktober zog sich z. B. Spielmacher Faulenbach (2018/19: insg. 18 Tore gegen die HSG) einen Kreuzbandriss zu und wird in dieser Saison kaum noch zum Einsatz kommen. Kurz darauf brach sich Torwart Lucas Puhl den Daumen, womit ein weiterer Leistungsträger längerfristig ausfiel. Dies alles trug dazu bei, dass die Mannschaft Mitte November nur auf dem letzten Platz der Tabelle rangierte (3:17 Punkte), als es im Hinspiel gegen die HSG Nordhorn-Lingen ging.

Obwohl Schlüsselspieler Bornemann gleich zu Beginn verletzt ausfiel, führten die Gastgeber in dieser Partie nach 44 Minuten noch mit sechs Toren Vorsprung und spielten keineswegs wie ein Absteiger. In unserem Live-Spielbericht hieß es: „[...] Daniel Kubeš nimmt die Auszeit. Geht noch was oder haben wir bereits eine Vorentscheidung gesehen?“. Es folgten nun fünf Tore in Serie für die HSG, die es in den Schlussminuten mit großem Siegeswillen schaffte, das Spiel tatsächlich noch in einen 23:22-Auswärtserfolg zu drehen. Weber (8/5) und Pöhle lagen im Tore-Ranking vorn. Siegen im Kreis Siegen? Check! 

Und der TuS Ferndorf? Ging es für das Team nach diesem neuerlichen Tiefschlag nun steil Richtung Liga 3? Erst einmal ja, denn in den nächsten vier Spielen gab es nur einen Punkt für die weiter schwer vom Verletzungspech gebeutelten Rot-Weißen, Mitte Dezember war das rettende Ufer acht Punkte entfernt (4:26). Zwei Partien konnten immerhin noch gewonnen werden, sodass es zum Jahreswechsel noch Hoffnung gab.

Der TuS schlug mit Christoph Neuhold aus Dresden noch einmal auf dem Transfermarkt zu. Nach einer neuerlichen Niederlage zu Beginn fuhren die Ferndorfer dann Mitte Februar zu Eintracht Hagen – und das Südwestfalen-Derby gewannen die Gäste mit sage und schreibe +10! Das war die Wende. Die nächsten beiden Partien mussten Corona-bedingt verlegt werden (jeweils zu viele Fälle bei den TuS-Gegnern). Doch danach gelangen gegen Emsdetten (+9), in Dessau (+4), gegen Rostock (+5) und auch in Lübeck-Schwartau (+2) weitere vier teilweise deutliche Siege in Folge (!), sodass die Abstiegsplätze nach einem halben Jahr erstmals wieder verlassen werden konnten.

Es folgte ein Remis in Großwallstadt, und erst dann setzte es wieder zwei Niederlagen – gegen den starken TuSEM Essen (-2) und beim schon erwähnten -4 in Hamm, bevor zuletzt ein 24:24 im Heimspiel gegen Aue zu verbuchen war. In diesem Spiel fehlte u. a. Andreas Bornemann wegen muskulärer Probleme, doch mit Rutger ten Velde war die TuS-Lebensversicherung wieder im Kader, der vorher dreimal nacheinander verletzungsbedingt gefehlt hatte. Für fünf 7-Meter kam er auf die Platte, die er allesamt versenkte. Neuhold hatte 40 Sekunden vor Schluss den Ausgleich erzielt, Keeper Puhl in der Schlusssekunde den Punkt festgehalten.

Die Breaking News in dieser Woche vermeldeten übrigens noch einen weiteren Neuzugang bei Ferndorf, der bereits in Nordhorn mit dabei sein soll: Der ukrainische National-Linksaußen Oleksandr Kasai hat sich den Südwestfalen angeschlossen. Der TuS Ferndorf ist auf jeden Fall heiß auf die Partei im Euregium – und wir dürfen uns auf ein heißes Spiel freuen, in dem es für beide Mannschaften um ganz viel geht!