30:34: HSG bricht nach der Pause gegen Elbflorenz ein

Nordhorn-Lingen wird nach starker erster Hälfte der Stecker gezogen

17.05.2024

Wir fangen heute wieder hinten an, mit der Pressekonferenz: Der sympathische Trainer des HC Elbflorenz, André Haber, spricht von einem verrückten Handballspiel. Am Anfang sei der HSG alles gelungen, doch irgendwann habe es einen „Kipppunkt" gegeben, an dem seine Mannschaft zu sich gefunden habe. Dies nennt er „nicht ganz unerklärlich" und begründet die Wende in der Partie mit dem Selbstbewusstsein. Die HSG habe dieses nach einer für sie mehr als schwierigen Saison eben nicht so wie sein Dresdner Team, das schon mit breiter Brust nach Nordhorn angereist sei.

Irgendwann sei das Spielglück auch voll auf die Seite seiner Mannschaft gekippt, der dann ihrerseits „alles gelungen" sei. Schon ab der 20. Minute habe das Team „gut repariert", sei „super aus der Kabine gekommen", habe „unglaublich Druck aufgebaut" und bis zur 50. Minute eine „nahezu perfekte Phase" gehabt. Aller Ehren wert, dass Haber in der PK ausdrücklich betont, dass er sich „geehrt" fühle, das letzte Heimspiel im Euregium von Alex Terwolbeck, Björn Buhrmester und Luca de Boer miterlebt haben zu dürfen. Er erinnert daran, schon im Euregium gewesen zu sein, als Frank Schumann noch mit den besagten Spielern zusammen auf der Platte stand.

Der Genannte kommt anschließend zu Wort. „Wir wollten ein letztes Kapitel schreiben für die Jungs", sagt unser Trainer und schließt Lasse Seidel als weiteren langjährigen HSG-Akteur mit ein. Das sei auch deshalb nicht gelungen, weil sein Team es verpasst habe, einen größeren Vorsprung als +3 mit in die Pause zu nehmen. Mehrere Gegentore in Folge habe Dresden in der ersten Halbzeit viel besser wegstecken können als seine Mannschaft nach der Pause, als die Gäste sogar zu einem 7:0-Lauf kamen. Trotz einer durchaus erfolgreichen Umstellung auf eine 3:2:1-Abwehr ab der 50. Minute habe Elbflorenz das Spiel souverän zu Ende gespielt.

Tja, und auch, wenn's wehtut, nun folgt der Spielbericht – und zwar wieder als „Re-Live":

Freitagabend, kurz vor sieben. Alles ist bereit. Alex Terwolbeck und Björn Buhrmester spielen heute zum letzten Mal in ihrem Wohnzimmer. Auch Lasse Seidel, Johannes Wasielewski, Nebo Simovic, Joscha Ritterbach und Jakub Stryc werden das rote Trikot im Euregium anschließend nicht mehr tragen. Die verletzten Luca de Boer und Alex Feld, die ebenfalls ab Sommer nicht mehr dabei sind, unterstützen ihr Team wieder vom Spielfeldrand, auch Ivan Budalics Schulter lässt noch keinen Einsatz zu. Beim Gegner aus Dresden sind die etablierten Kräfte alle an Bord, auch Julian Possehl steht an seiner alten Wirkungsstätte natürlich im Aufgebot. Los geht's:

Vor Buhrmester spielen zu Beginn Lux, Firnhaber, Pöhle, Kalafut, Terwolbeck und Marschall. Stryc kommt für den Kapitän in der Defensive. Der Auftakt ist zunächst etwas zerfahren. Dann erzielt Maxi Lux das 1:0 nach Tempogegenstoß. Von der 7-Meter-Linie legt er noch einen drauf: 2:0. Dresden – mit Possehl in der Anfangsformation – verkürzt aus dem Rückraum. Ballverlust, 7-Meter: 2:2. Firnhaber steigt hoch, sein Strahl bedeutet das 3:2. Dresden hat nur noch einen Pass – das reicht: 3:3. Lux antwortet direkt, unser in dieser Saison erfolgreichster Schütze markiert das 4:3 von Rechtsaußen. Dann: Buhrmester, Tempogegenstoß, Seidel: 5:3 (8.).

Die erste 2-Minuten-Strafe folgt, Stryc wird auf die Strafbank geschickt. Das 6:3 durch Lux nach prima Zuspiel von Firnhaber kommt auf die Highlights-Liste – und das in Unterzahl. Dresden antwortet trocken aus dem Rückraum: Nur noch 6:4 – und die kleine, aber feine Fanschar aus dem weit entfernten Sachsen freut sich. Kalafut sorgt nun unnachahmlich für das 7:4 – wer soll ihn am Kreis halten? Die HSG ist wach, richtig wach! Da ist der nächste Ballgewinn – im zweiten Versuch bringt Seidel den Ball im Tor unter. Frühe Auszeit durch André Haber (8:4, 13.).

Pehlivan – seines Zeichens türkischer Nationalspieler – trifft zum dritten Mal wieder aus dem Rückraum. Die Antwort gibt wieder Seidel. In seinem letzten Spiel im Euregium erzielt er bereits sein drittes Tor: 9:5. Wieder 7-Meter für die HSG … mit der linken Hand dreht Lux den Ball rechts am Keeper vorbei: 10:5. Sekunden später legt der Mann mit der Nummer 10 schon wieder nach: Nach Tempogegenstoß heißt es 11:5. Und die Zuschauer sind zurecht … begeistert!

11:6 – Elbflorenz verkürzt von Rechtsaußen. Firnhaber stellt den alten Abstand wieder her: 12:6. 12:7 aus dem Rückraum durch Dumcius, der für den zu Beginn unglücklich agierenden Possehl ins Spiel gekommen ist. Und dann gelingt auch Terwolbeck in der letzten Partie in seinem Wohnzimmer ein sehenswerter Treffer: 13:7. Diesmal verkürzt Elbflorenz von Linksaußen, doch Pöhle schlägt zurück: 14:8. Apropos „schlagen" – Schlag auf Schlag geht es weiter: 14:9 wieder von Rechtsaußen. Die „Tiger" vom HC Elbflorenz sind nun deutlich zielsicherer als in der Anfangsphase. Doch was nützt ihnen das, wenn die HSG in der Offensive weiter so performt wie bisher?

Den nächsten 7-Meter bringt Lux nicht am Torwart vorbei, kurz darauf heißt es nur noch 14:10 (24.). Dass sechs Tore Vorsprung in der ersten Halbzeit kein Ruhekissen sind, weiß jeder Handballfan. Dresden kommt wieder in Ballbesitz … und erhält seinen ersten 7-Meter. Wucherpfennig gehört zu den besten Strafwurf-Schützen der Liga, und auch diesen verwandelt er sicher. Drei Tore nacheinander führen zum 14:11 und zur ersten Auszeit durch Frank Schumann. Noch fünf Minuten sind's auf der Uhr.

Der HCE-Keeper hält, Pehlivan verkürzt abermals: Es steht 14:12. Wieder packt der für Stammkeeper Mallwitz in den Kasten gerückte Torwart Mohs zu, und auf der Gegenseite … gibt's den Ballgewinn. Marschall ist im Tempogegenstoß erfolgreich, doch nach der schnellen Mitte heißt es prompt 15:13. Dann trifft unsere Nr. 11 spektakulär nach Kempa-Trick: 16:13 – eine Zeitstrafe gegen Dresden kommt dazu und dann pariert Buhrmester einen „Freien"! Eine Minute noch … das 17:13 durch Stryc ist beinahe unbeschreiblich – mit der Rückhand legt er den Ball vom Kreis ins Tor. Das letzte Wort haben jedoch die Gäste: Fast mit der Schlusssirene fällt das 17:14. Es bleibt natürlich spannend. Interessanter Blick in die Statistik: Nur zwei technische Fehler der HSG stehen neun auf Seiten der Gäste gegenüber.

Weiter geht's im aufgeheizten Euregium, in dem nicht nur die Spieler schwitzen: Ist der Sachsenexpress – so steht es auf dem Bus der Mannschaft – nun ins Rollen gekommen? Die HSG wird ihn zu bremsen wissen, oder? Mit dem Tor zum 17:15 eröffnet der HCE die zweite Halbzeit. Firnhaber stellt auf 18:15. Dresden trifft aus dem Rückraum: 18:16. Zwei Fehlwürfe – einer auf jeder Seite – folgen. Zeitspiel droht … dann macht's Firnhaber aus der Hüfte: 19:16.

Stryc erhält seine zweite Zeitstrafe, Sekunden später heißt es nur noch 19:17. Der Tabellen-6. aus Dresden bleibt dran, der Vorsprung des 10. im Liga-Ranking bleibt klein. Dann wirft Keeper Mohs den Ball ins leere Tor: Anschlusstreffer. 7-Meter für die HSG … Lux ist erfolgreich: 20:18. 7-Meter für den HCE … Wucherpfennig ist erfolgreich. Der dafür ins Tor gerückte Florian Hemeltjen kann den Einschlag nicht verhindern: 20:19.

Die Schiedsrichterinnen zeigen schon wieder zur ominösen Linie, und Lux versenkt den Ball erneut: 21:19. Das prompte 21:20 erzielt Julian Possehl. Er weiß ja, wo hier das Tor steht. Und dann fällt der Ausgleich – der erste seit dem 3:3 zu Beginn. Dresden hat sechs Tore aufgeholt, es heißt 21:21 (40.). Vorn gehen die Bälle der HSG nun zunehmend verloren – gleich zweimal bestraft der Gast Fehler der HSG sofort. In 2½ Minuten hat Elbflorenz aus einem 21:19 ein 21:23 gemacht. Auszeit.

Nächster Ballverlust, nächster Gegentreffer. Und dasselbe direkt nochmal. Hemeltjen bleibt jetzt erst einmal im Tor, doch es steht 21:25. Und die HSG ist von der Rolle. Das 21:26 nach abermaligem Tempogegenstoß ist das siebte (!) Tor nacheinander für Dresden. Wasielewski beendet sechs torlose Minuten für sein Team: 22:26 (44.). 22:27, Ballverlust, die Partie ist komplett gekippt. Possehl jagt den Ball schon wieder in die Maschen – wer setzt noch auf die HSG? Beim Stand von 22:28 ruft Schumann zur Auszeit und die Gäste jubeln merklich. Sie wissen, dass ihr Auswärtssieg 15 Minuten vor Schluss schon greifbar ist.

Das 22:29 von Possehl ist sehenswert. Ernüchterung macht sich breit im Euregium, und Respekt an die HSG-Fans um die Rote Wand, die ihr Team weiter anfeuern. Torwart Mohs, der noch keine halbe Stunde auf der Platte ist, hält schon seinen zehnten Ball, und diesen sogar fest. Immer wieder spielen sich die Sachsen nun durch die Defensive der Roten: 22:30 (50.). Das Zwischenergebnis seit der 35. Spielminute lautet 3:14.

Die HSG verteidigt nun im 3:2:1. Pöhle tankt sich durch: 23:30. Doch auf der Gegenseite sitzt in der zweiten Halbzeit jeder Ball: 23:31. Lux versenkt noch einen Strafwurf: 24:31 – doch dass die Pfingstmesse gelesen ist, weiß hier jeder. Und dann wird es doch nochmal richtig laut in der Halle! Die allermeisten der 1.895 Zuschauer, an denen es heute wieder ganz sicher nicht gelegen hat und liegt, bejubeln den doppelten Marschall, der innerhalb von Sekunden zwei Tempogegenstöße ins Ziel bringt. 26:31 zeigt die Anzeigetafel, und Trainer Haber schwört seine Männer nochmal ein (54.). Hallo? Wieder gewinnt unsere Abwehr den Ball, und nun ist es Seidel, der den „TG" erfolgreich abschließt. Doch: Aufkommende Hoffnung unterbindet der beste Dresdner Torschütze des Tages, Doruk Pehlivan: 27:32 – sein neunter Treffer. Marschall verkürzt nochmals, das 28:33 folgt umgehend, Marschall trifft erneut: 29:33. Wenn diese regelrecht schwarze Viertelstunde zwischen Minute 35 und 50 nicht gewesen wäre …

Natürlich verteidigen die Roten weiter ganz hoch. Und die Chance zum minus-3 ist dann tatsächlich da, doch kann nicht genutzt werden. Die Gäste spielen es „runter". Lux verwandelt in der Schlussminute noch einen 7-Meter – sein 10. Treffer –  doch das letzte Wort hat der Gast, welcher Sekunden später seinen 30:34-Auswärtssieg feiert. Wir gratulieren zum verdienten Sieg.

Blick nach vorn: Zwei Spiele stehen noch an. Am Sonntag, den 26. Mai (17 Uhr), geht es zum TuS Vinnhorst in den Norden von Hannover. Die Mannschaft unseres Linksaußen-Neuzugangs Elias Ruddat steht beinahe als Absteiger fest … würde jedoch wohl – genauso wie der BHC in der 1. Liga – vom Lizenzentzug des HSV Hamburg profitieren und die Klasse halten. Am Samstag, den 1. Juni, steigt das Saisonfinale in der EmslandArena gegen GWD Minden (Anwurf 18 Uhr). In diesem Rahmen werden natürlich unsere teilweise lang-, lang-, langjährigen Spieler verabschiedet, und anschließend ist im Foyer der Arena eine Party geplant. Wir freuen uns drauf und melden uns wieder!

PS: Stellvertretend für Dutzende ehrenamtliche Helfer im Euregium heben wir heute die Arbeit der Familie Kösters hervor. Vater Berthold und seine Töchter Kira und Ilka sind bei allen Heimspielen für die Einlaufkinder verantwortlich und erledigen diese Aufgabe mit ganz viel Ruhe und ganz viel Herz. Sie tragen dazu bei, dass den Kids ein unvergessliches Erlebnis beschert wird, wie wir heute aus nächster Nähe beobachten durften. So nahmen auch heute bei aller Enttäuschung über die Niederlage zumindest einige junge HSG-Fans strahlende Erinnerungen mit nach Hause.